Inhaltsverzeichnis
- 1 Das Wichtigste zusammengefasst
- 2 Misophonie – Was ist das?
- 3 Typische Auslöser und Situationen
- 4 Wer ist besonders anfällig für Misophonie?
- 5 Ursachen der Misophonie
- 6 Symptome der Misophonie
- 7 Wie Misophonie diagnostiziert wird
- 8 Welche Maßnahmen helfen bei Misophonie?
- 9 Tipps, um den Alltag leichter zu gestalten
- 10 FAQ
Das Wichtigste zusammengefasst
- Misophonie ist eine Geräuschunverträglichkeit, bei der bestimmte Alltagsgeräusche starke emotionale und körperliche Reaktionen wie Ekel, Aggression, Herzrasen oder Schweißausbrüche auslösen.
- Häufige Trigger sind Kau- oder Atemgeräusche, Tippgeräusche oder wiederholte Bewegungen, manchmal auch visuelle Reize.
- Die genauen Ursachen sind nicht eindeutig geklärt, vermutet werden genetische Faktoren, belastende Kindheitserfahrungen oder Zusammenhänge mit anderen Erkrankungen wie Tinnitus, Migräne oder Depressionen.
- Zwar ist Misophonie keine offiziell anerkannte Krankheit, dennoch gibt es wirksame Therapieansätze wie kognitive Verhaltenstherapie, Gegenkonditionierung, Stressmanagement und den Einsatz von Hilfsmitteln wie Gehörschutz oder Geräuschüberdeckung.
- Offene Kommunikation, der Austausch mit anderen Betroffenen und die Anpassung des Alltags können den Umgang mit der Störung deutlich erleichtern.
Misophonie – Was ist das?

Misophonie ist eine Störung, bei der bestimmte Geräusche starke emotionale oder körperliche Reaktionen auslösen können. Für Außenstehende wirken diese Reaktionen oft übertrieben oder unverständlich.
Der Begriff stammt aus dem Griechischen: misos bedeutet „Hass“ und phónè „Klang“. Wörtlich übersetzt heißt Misophonie also „Hass auf Geräusche“.
Genauer beschrieben handelt es sich um eine reduzierte Toleranz gegenüber ganz bestimmten Geräuschen. Deshalb wird die Störung auch als „Selektives Geräuschempfindlichkeitssyndrom“ bezeichnet. Es geht also nicht um eine generelle Geräuschangst, sondern um eine starke Abneigung gegen bestimmte akustische Reize.
Das Erleben lässt sich mit einer Alltagssituation vergleichen:
Stellen Sie sich vor, Sie schalten ein Radio ein und es ist unerwartet auf voller Lautstärke eingestellt. Ihr Körper reagiert sofort, Sie erschrecken und drehen die Lautstärke so schnell wie möglich herunter. Ähnlich reagieren Betroffene, wenn sogenannte „Triggergeräusche“ auftreten. Sie versetzen den Körper unmittelbar in einen Kampf-oder-Flucht-Modus und lösen so emotionale, körperliche oder impulsive Verhaltensweisen aus.
Interessanterweise können nicht nur Geräusche, sondern auch visuelle Eindrücke, zum Beispiel das Beobachten einer Person beim Kauen, dieselben Reaktionen hervorrufen.
Offene Kommunikation spielt im Umgang mit Misophonie eine wichtige Rolle. Wenn Außenstehende die Hintergründe kennen, fällt es leichter, Verständnis und Rücksichtnahme zu zeigen und Auslöser zu vermeiden.
Typische Auslöser und Situationen
Welche Geräusche bei Menschen mit Misophonie eine Reaktion auslösen, ist sehr individuell. Meist handelt es sich um alltägliche, neutrale Klänge, die oft nur in geringer Lautstärke auftreten. Besonders häufig werden Geräusche, die von anderen Personen erzeugt werden, als störend empfunden.
Zu den gängigen Auslösern gehören zum Beispiel:

Neben körperlichen Geräuschen gibt es auch viele andere mögliche Trigger:
In manchen Fällen lösen nicht nur Geräusche, sondern auch bestimmte visuelle Reize Reaktionen aus. Wenn etwa das Klopfen mit den Fingern auf einer Tischplatte oder andere wiederkehrende Bewegungen allein durch den Anblick Unbehagen hervorrufen, spricht man von Misokinese, was „Hass auf Bewegungen“ bedeutet.
Wer ist besonders anfällig für Misophonie?
Misophonie kann bereits im Kindesalter auftreten, bei Kleinkindern ab etwa fünf Jahren oder bei Jugendlichen ab zwölf Jahren. Auch Frühgeborene sind unter Umständen gefährdet, wenn sie in den ersten Lebenstagen durch den Lärm von medizinischen Geräten im Brutkasten oder durch unsensible Frühförderung belastet wurden.
Es gibt Hinweise darauf, dass Misophonie auch genetisch bedingt sein kann. Etwa die Hälfte der Betroffenen berichtet von einer familiären Vorbelastung.
Darüber hinaus ist bekannt, dass rund 10 Prozent der Menschen mit Tinnitus zusätzlich an Misophonie leiden.
Grundsätzlich kann jeder Mensch eine Misophonie entwickeln, denn die Auslöser hängen eng mit den persönlichen Erfahrungen, der individuellen Sensibilität und der eigenen Persönlichkeit zusammen. Immer liegt der Störung ein erlebtes Leiden zugrunde.
Ursachen der Misophonie
Die genauen Ursachen der Misophonie sind bislang nicht vollständig erforscht. Fachleute gehen jedoch davon aus, dass mehrere Faktoren eine Rolle spielen können.
Mögliche Auslöser oder begünstigende Einflüsse sind zum Beispiel:
Ob diese Faktoren tatsächlich eine Misophonie verursachen oder ob Erkrankungen wie Migräne oder Depressionen lediglich aufgrund ähnlicher körperlicher Veränderungen gleichzeitig mit Misophonie auftreten, ist bisher nicht eindeutig geklärt.
Symptome der Misophonie

Bestimmte Geräusche wie Schmatzen oder das Kratzen von Besteck auf einem Teller empfinden viele Menschen als störend. Bei einer Misophonie fallen die Reaktionen jedoch wesentlich intensiver aus und betreffen sowohl die Gefühls- als auch die Körperebene.
Typische emotionale Reaktionen auf ein belastendes Geräusch sind starker Ekel, ausgeprägte Aggression oder sogar Hass gegenüber der Person, die den Auslöser verursacht. Diese Empfindungen können so heftig sein, dass Betroffene Situationen bewusst meiden, etwa gemeinsame Mahlzeiten.
In ausgeprägten Fällen kann dieses Vermeidungsverhalten das Privatleben deutlich einschränken oder sogar die Berufsausübung erschweren, zum Beispiel wenn die Geräuschkulisse im Büro eine konzentrierte Arbeit unmöglich macht.
Auch körperlich zeigt sich Misophonie durch deutliche Stressreaktionen, wie:
- Herzrasen
- Starkes Schwitzen
- Erhöhter Blutdruck
- Atemnot
Der Grad des Leidensdrucks variiert von Person zu Person und hängt stark davon ab, ob und wie gut es gelingt, auslösenden Situationen aus dem Weg zu gehen.
Wie Misophonie diagnostiziert wird
Obwohl Misophonie bislang nicht als eigenständige anerkannte Erkrankung gilt, beschäftigen sich verschiedene Forschungsteams seit Jahren intensiv mit dem Thema. Dadurch stehen heute mehrere Fragebögen und Tests zur Verfügung, die Ärztinnen und Ärzten helfen können, eine Misophonie zu erkennen.
In solchen Tests wird unter anderem erfasst:
- Welche körperlichen und seelischen Beschwerden das auslösende Geräusch verursacht
- Wie stark die Reaktionen darauf ausfallen
- Ob das Vermeiden des Geräuschs zu Einschränkungen im Alltag führt
Darüber hinaus sollte überprüft werden, ob Hörstörungen wie eine Hörminderung oder ein Tinnitus vorliegen. Auch psychische Erkrankungen werden in die Abklärung einbezogen. Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung können Geräusche beispielsweise ebenfalls negative Gefühle und körperliche Symptome auslösen, in diesem Fall treten jedoch eher Angst oder Panik auf, nicht Wut oder Ekel.
Welche Maßnahmen helfen bei Misophonie?

Auch wenn Misophonie Ihren Alltag stark beeinflussen kann, gibt es verschiedene Strategien, um besser damit umzugehen und die Belastung zu reduzieren. Die folgenden Ansätze haben sich in der Praxis bewährt.
1. Lärmschutz gezielt einsetzen
Ein hochwertiger Gehörschutz kann helfen, Triggergeräusche zu minimieren. Ohrstöpsel oder Kapselgehörschutz sollten Sie am besten immer griffbereit haben. Spezielle Modelle, wie Gehörschutz für Konzentration oder Ohrstöpsel für erholsamen Schlaf, können besonders nützlich sein, etwa bei Schnarchgeräuschen in der Nacht.
2. Stress reduzieren und Resilienz stärken
Da Stress die Empfindlichkeit gegenüber Triggergeräuschen verstärken kann, ist ein gutes Stressmanagement wichtig. Achten Sie auf ausreichend Schlaf, eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung. Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training, Yoga oder Atemübungen helfen zusätzlich, die innere Anspannung zu senken.
3. Professionelle Unterstützung suchen
Die besten Behandlungsergebnisse werden oft durch einen kombinierten Ansatz erzielt. Wirksame Methoden sind unter anderem:
- Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Hilft, negative Gedankenmuster zu erkennen und zu verändern, um gelassener auf Triggergeräusche zu reagieren.
- Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT): Stärkt Achtsamkeit, Emotionsregulation und Stresstoleranz.
- Tinnitus-Retraining-Therapie (TRT): Trainiert, auslösende Geräusche zu tolerieren, bis sie weniger belastend wirken.
- Gegenkonditionierung: Verknüpft einen Trigger mit positiven Reizen, um die negative Reaktion abzuschwächen.
- Geräte mit weißem Rauschen: Überdecken störende Geräusche mit neutralen Klängen.
4. Unterstützende Technik nutzen
Noise-Cancelling-Kopfhörer oder sogenannte Tinnitus-Noiser, die ein leises Rauschen erzeugen, können Triggergeräusche wirkungsvoll dämpfen oder überdecken.
5. Alltagssituationen anpassen
Planen Sie Pausen so, dass Sie belastenden Geräuschen entgehen können, etwa, indem Sie nicht in der lauten Kantine essen, sondern an einem ruhigeren Ort. Alternativ können gemeinsame Aktivitäten wie ein Spaziergang in der Mittagspause helfen, den sozialen Kontakt zu wahren und dennoch Trigger zu vermeiden.
6. Austausch mit anderen Betroffenen
Online-Foren und Selbsthilfegruppen bieten die Möglichkeit, Erfahrungen zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen. Studien zeigen, dass Misophonie häufiger vorkommt, als viele denken, der Austausch kann helfen, das Gefühl der Isolation zu verringern.
7. Offene Kommunikation im persönlichen Umfeld
Sprechen Sie mit Menschen, die Ihnen nahestehen, über Ihre Auslöser und die damit verbundenen Reaktionen. Dieses Verständnis kann Konflikte verhindern und das Zusammenleben erleichtern.
8. Unterstützung für Kinder
Leidet ein Kind an Misophonie, ist es wichtig, die Emotionen ernst zu nehmen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Lehrerinnen und Lehrer sollten informiert werden, um im Schulalltag Rücksicht nehmen zu können. Hilfreich sind beispielsweise Pausenstrategien oder der Einsatz von Noise-Cancelling-Kopfhörern.
9. Medikamentöse Behandlung begleitender Erkrankungen
Es gibt kein spezielles Medikament gegen Misophonie. Wenn jedoch gleichzeitig Depressionen oder Angststörungen vorliegen, kann eine entsprechende Behandlung auch die Misophonie-Symptome lindern.
Tipps, um den Alltag leichter zu gestalten

Ohrstöpsel oder geräuschunterdrückende Kopfhörer können dabei helfen, störende Geräusche rechtzeitig zu dämpfen und sich so in schwierigen Situationen besser zu schützen. Ebenso kann es wohltuend sein, angenehme Klänge wie leise Musik oder Naturgeräusche zu hören. Diese unterstützen nicht nur die Entspannung, sondern erleichtern auch die Anpassung an die Geräuschumgebung.
Offene Gespräche mit Freunden, Familie oder Kollegen schaffen Verständnis und helfen, belastende Situationen zu entschärfen. Auch gezielte Atemübungen können den Körper beruhigen, Stress senken und den Herzschlag regulieren.
Entspannungstechniken wie Meditation oder Sophrologie fördern zusätzlich die innere Ruhe, lindern Angstgefühle und verbessern den Umgang mit Stress.
Der Austausch mit anderen Betroffenen, zum Beispiel in einem Verein oder einer Selbsthilfegruppe, bietet die Möglichkeit, Erfahrungen zu teilen, Lösungen zu finden und sich weniger allein mit der eigenen Situation zu fühlen.
FAQ

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